Ich pack jetzt mal ein bisschen was von meiner „manche nennen es“-Arbeit hier ins Blog. Wie schon mal erwähnt, muss ich mich im Moment auf 3 Thesen für die Disputation vorbereiten, weil wir hier in der Fabrik finden, dass ein Rigorosum die angemessenere Abschlussprüfung für angehende Doktoren ist, das Wort Disputation aber schöner finden.
So weit so viel nicht drüber nachdenken. Ich habe mir nun also, nachdem ich meine geistige Kapazität mit der Niederschrift der Dissertation eigentlich für ziemlich erschöpft hielt, aus irgendwelchen Hirnwindungen 3 Thesen zusammenphantasiert, die ich jetzt hier vorstellen werde. Alle Kommentare sind herzlich willkommen, schließlich muss ich über diese Thesen in knapp zwei Wochen noch mal mündlich „disputieren“.
These 1: Es ist sinnvoll, machbar und sollte weiter vorangetrieben werden, dass quantitative (statistische) Untersuchungsmethoden und qualitative (beschreibend-interpretierende) Untersuchungsmethoden auf denselben Gegenstand angewendet werden. Die (sinnvolle) Kombination der Verfahren sollte zum Standard werden.
Problematisch ist dabei,
- dass man aus der klassisch-traditionellen Denk- und Theorieschiene raus muss und vor allen Dingen unterschiedliche „Blicke auf die Welt“ miteinander verknüpfen muss. Das kann auch schon mal weh tun, bzw. schließt manche quantitative, z.B. Reaktionszeitexperimente, und manche qualitative, z.B. reine Konversationsanalyse [edit: nach verschiedentlicher Diskussion ist hier die „reine Ethnographie“ das bessere Beispiel, KA ist schon etwas mittiger auf dem Kontinuum], Ansätze und Methoden von vornherein aus.
- dass ein Forscher(team) mehrere Methoden beherrschen bwz. erlernen muss. D.h. es kostet mehr Zeit (und damit Geld). Die vielgelobte (und von Exzellenzinitiativen nicht unbedingt beförderte) Interdisziplinarität kann hier ihre Trümpfe ausspielen, die Nachteile der Disziplinenvermischung wirken allerdings auch (keine gemeinsame Grundlage, keine gemeinsame Sprache, Vorbehalte etc.).
Außerdem ist natürlich die Auswahl des Untersuchungsgegenstandes schwierig: man kann nicht alles qualitativ beschreiben (z.B. Wortstämme) und man kann nicht alles „zählen“ (z.B. interaktive Verfahren der Sinnkonstruktion). Manchmal geht es aber doch, z.B. bei Gesprächsschritten, syntaktischen Konstruktionen usw. Man zwingt dadurch die eher theoretisch arbeitenden Sprachwissenschaftler, sich mit echten Daten zu beschäftigen (was meiner Meinung nach sowieso der einzige legitime Untersuchungsgegenstand für Linguisten ist, aber das darf man nur in geschützten Umgebungen laut sagen) und die anderen, über ihre Daten hinaus den Blick zu heben. Kann doch eigentlich beiden nicht schaden?
Bei der Methodentheorie hast Du mich ja voll gepackt. Ich hab prompt mal das Mixed Methods Journal in meinen Feedreader gepackt und werde mich mal auf die Suche nach den anderen guten Journalen machen, die ich früher immer in der Bib lesen musste …
Das ist nicht nur meins, sondern auch das Lieblingsthema meiner Gutachter, da bin ich ja ein Fuchs, was sowas angeht. Von daher: ich kann da immer noch mehr Stoff und Material gebrauchen. Heiß diskutiert wird wahrscheinlich dann auch die Frage: was zuerst – quanti oder quali? Worauf wir dann schön „konsensig“ antworten: „It depends…“