Business-Talk Teil 2: Digital Literacy

Bei der zweiten These geht es drum, anknüpfend an die Inform7/PHP-Diskussion bei ben_, bei digital literacy den aktiv-produzierenden Teil in den Mittelpunkt zu rücken. Im Großen geht es drum, die aktive Teilhabe „aller“ an Kommunikationsprozessen im Netz zu befördern (durch „lehren“) und im Kleinen geht es drum, diese Teilhabe durch Senkung der Barrieren zu erleichtern. Eine Barriere ist die noch relativ stark gegebene Notwendigkeit, eine komplexe Programmier/Auszeichnungssprache zu lernen, zumindest wenn man sich mit seinen „Kommunikaten“ nicht in fremde (wirtschaftlich orientierte) Hände begeben und seine Daten bei sich behalten will. Hier kann die linguistische Forschung an verschiedenen Stellen wirksam werden:

  1. ein Anknüpfungspunkt ist die Optimierung der Programmiersprachdidaktik. In Anlehnung an das Lernen natürlicher Sprachen (durch aktive Verwendung, selbständige Erschließung, auch trial and error, immer kontextgebunden), insbesondere syntaktisch stark unterschiedlicher Sprachen (z.B. chinesisch-englisch, finnisch-kisuaheli) sollen sich sinnvolle LehrLernszenarien „abgeschaut“ werden.
  2. ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Erleichterung der Les- und Lernbarkeit von Programmiersprachen selbst. Z.B. können (und tun es auch zum allergrößten Teil) sich die „Wortbildungsstrategien“ für künstliche Sprachen an natürlichen Sprachen (meist Englisch) orientieren. Es wären ja auch z.B. „unaussprechliche“ Zeichenketten durchaus einfach programmierbar, trotzdem orientieren sich die Begriffe an der englischen Phonologie (oder Morphologie, Semantik usw.).
  3. ein letzter Anknüpfungspunkt, den ich hier darstellen kann, ist die Steigerung sprachreflexiver Fähigkeiten durch z.B. Gesprächsanalyse „für alle“ (ergo in Schulen) und damit mehr Durchblick beim eigenen kommunikativen Handeln. So braucht es ja auch erst mal ein Bewusstsein dafür, dass man bei facebook eben nur „liken“ und nicht „disliken“ kann, damit einem deutlich wird, inwieweit einen die Anbieter von „Kommunikationsplattformen“ in der Handlungsfreiheit einschränken, von tatsächlicher Zensur und Abgabe sämtlicher Kommunikate in fremde Hände mal ganz abgesehen.

So viel erstmal dazu.

Lernt mehr Internet-Kram!

2 Gedanken zu „Business-Talk Teil 2: Digital Literacy“

  1. Eigentlich will ich ja NOCH weiter. Eigentlich unterliegt das Netz viel zu sehr der normativen Kraft des Faktischen. Das gilt eigentlich sogar auch noch weiter. Die Gegenwart ist so schrecklich selbstherrlich und blind gegen die Möglichkeiten. Was ich eigentlich will ist dies: Stell Dir vor, durch einen Virus oder so würde morgen das ganze Internet vernichtet. Alles weg. Ratzekahl. Und wir müssten ganz von vorne anfangen. Wie würden wir (Du und ich und die anderen von den Guten) das Netz dann wieder aufbauen? Wie sähe das dann aus?

    Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass es dann viel, viel, viel mehr gesprochener und geschriebener Sprache entsprechen sollte, denn das, genau das ist das, was die Leute hier tun. Sie lesen und sie schreiben. Genau diese Funktion sollte man so einfach, wie irgendmöglich machen.

    Es geht nicht einfach nur darum, Barrieren zu senken. Es geht darum, dass wir mit dem Netz den mit weitem Abstand größten zusammenhängenden Kulturraum aller Zeiten geschaffen haben … und wir haben die gottverdammter Verpflichtung ihn für alle zu öffnen und offenzuhalten.

  2. Also, das mit der Gegenwart; naja, so ist die doch immer. Man selbst findet ja auch selten sein vergangenes der zukünftiges Ich am tollsten, sondern doch meist das aktuelle.
    Das mit der gesprochenen Sprache versteh ich nicht. Meinst du unvollständige Syntax und Toleranz gegen Rauschen damit? Die schon oft erwähnte Fehlertoleranz? Das wird schwierig. Das kann ja noch gar keine Maschine.
    Das wird halt immer das Problem bleiben: wie übersetze ich „mensch“ in „010010111“? Da ich keine Ahnung davon habe, wie das geht, und es für relativ unwahrscheinlich halte, dass das Netz morgen leer gefegt wird, setze ich lieber beim Vorhandenen an. Ich gehe davon aus, dass alles, was da ist, einen Sinn hat und mit Grund da ist. Deswegen ist es noch lange nicht gut und richtig, aber es ist optimierbar und die Gründe kann man hinterfragen. Insofern geht es mir doch „nur“ darum, Barrieren zu senken.
    Schließlich bleibt noch die Frage, was man mit denen macht, die „partizipieren“ können, aber nicht wollen. Wenn tatsächlich alle Menschen gleichmäßigen, einfachen Zugang um Netz hätten, würden es ja trotzdem längst nicht alle nutzen. Schließlich gehört ja zur Freiheit auch dazu, nicht im Netz sein zu *müssen*. Von daher finde ich manchmal schon die ständigen Hinweise auf die Webseite bei den heute und tagesschau verdächtig. Als Nicht-User hätte ich da irgendwann das Gefühl, dass mir etwas vorenthalten wird.

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