Überleben in Zürich

Das ist der Titel eines Buches, dass ich als „Vorbereitung“ gelesen habe und es hat mir durchaus geholfen. So Sachen, die einem ja auf Arbeit keiner erklärt, wie die speziellen Müllsäcke, die man nicht einfach kaufen kann, sondern die man an der Kasse extra verlangen muss, wie die Möglichkeit sich von der Krankenversicherung befreien zu lassen, wie die diversen Plätze zum „Angeben“ wenn Freunde kommen – das erspart einem schon das ein oder andere Fettnäppchen, Fränkli oder langweilige Regen-Bestaunen am Nachmittag.

Ich war also, meinen Möglichkeiten nach, „well prepared“ und trotzdem: mehr als ein Überleben ist es dann halt doch nicht. Der Kurzaustausch liegt mir offensichtlich nicht, ich kann keine Freundschaft auf Zeit schliessen und erwarte es vor allen Dingen auch von niemandem aus meinem Umfeld. Daher gehe ich meinen Kollegen nicht auch noch nach Feierabend auf die Nerven und in keinen Verein. Und so muss man dann eben allein die Schönheiten entdecken, die hier überall rumliegen, aber das tu ich dann doch nicht. Ich gehe in den Supermarkt und auf meinen Balkon und nach Azeroth und das alles, bis auf den Balkon, könnte ich auch zu Hause.

Und trotzdem: ich geniesse das auch. Ich kaufe sowieso gerne in „fremden“ Supermärkten ein, ich fahre gern wie die Einheimischen Bus und gucke ihr Fernsehprogramm. Ich gebe ihr Geld aus, schaue ihnen beim Leben zu und denke ansonsten viel an die Zeit, zu der ich nicht mehr hier, sondern wieder dort sein werde – die Zeit, in der dann vielleicht endlich das „richtige“ Leben anfängt.

Gibt sicher bessere Methoden, mit sowas umzugehen. Sehr eudämonisch ist es auch nicht. Aber es füht einem vor Augen, wie wichtig das Teilen von Erlebnissen ist. Dann kann man sich auch nicht so leicht rausträumen, aus den Erlebnissen. Wer also in den nächsten Monaten herkommen und mit mir auf Schatzsuche gehen will, ist herzlich eingeladen.

Wie machen das denn andere, zeitweilig Exilierende?

2 Gedanken zu „Überleben in Zürich“

  1. Ich war mal für nicht viele Monate in München stationiert. Gefühlt weit weg von meiner ostwestfälischen Heimat. Ich habe dann schnell gemerkt, dass es nicht meine Stadt werden kann. Einige schöne Dinge habe ich aber trotzdem gemacht. Meistens allein, manchmal mit einer Kollegin. Ich kann ziemlich gut allein sein, darum habe ich nicht besonders aktiv nach Anschluss gesucht. Ich fand das Beobachten und Vorbeigehen gut.
    In München habe ich meine Vorliebe für Stromereien auf Friedhöfen entdeckt. Meine Mittagspausen habe ich dort oft verbracht. Der einzige Ort in dieser Stadt, der still und grün ist.

    1. *ding* Herzlichen Glückwunsch zum 100. Kommentar *ding*
      Das ist interessant, in München war ich auch mal, allerdings nur 4 Wochen. Und da wurde ich zwangsvergesellschaftet, wenn man so will. Dadurch hab ich dort viel gesehen, hatte unter anderem mehrere Stadt- und Museumsführungen und war ein mal 24h wach und draussen. Sowas müsste ich eigentlich mal wieder machen, fällt mir dabei ein… Ins Theater und zu den Einstürzenden Neubauten musste ich aber auch dort alleine gehen.
      Interessanterweise fehlt mir meine thüringische Heimat gar nicht. Ich war wohl einfach schon zu lange auf der ostwestfälischen Scholle.

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