Es hat nicht alles ganz so geklappt beim Workshop, wie das ursprünglich geplant war. Z.B. haben die Organisatoren den wichtigsten Teil der Chemikalien vergessen, den Farb-Entwickler. Also mussten wir improvisieren und das taten wir auf zweierlei Art und Weise:
1. Wie man selbst einen Farbfilm macht
Beim ersten Ansatz mit einem offensichtlich völlig überalterten Entwickler (Dachbodenfund) sind beide Filme komplett schwarz geworden, kein Bild wurde entwickelt. Also haben wir selbst Hand angelegt und gemeinsam die Filme „coloriert“.
Wie man hier sehen kann, haben wir dazu erst einen Teil der Gelatine-Schicht mit Bleiche runtergewaschen und anschliessend in den verbliebenen Teil hineingekratzt und das durchsichtige Trägermaterial mit Filzstiften, Nagellack, Acrylfarbe und Glitterkleber traktiert als gäbe es kein Morgen. Das hat viel Spaß gemacht, auch wenn es sehr an den Grundschul-Bastelunterricht erinnert hat.
Wenn man das dann durch den Projektor jagt, sieht es ungefähr so aus:
Das kann man auch unter „handcoloriert“ verstehen, man muss also nicht unbedingt frame by frame vorgehen. Möglich wäre es natürlich auch. Gegen Ende sieht man, was passiert, wenn man zu dicke Kleber- oder Farbtropfen aufs Material kleckst, es bleibt dann nämlich was im Projektor hängen. Also nicht mit gemieteten Geräten machen! Das schafft keine Freunde (nicht jeder mag Glitzer im Urlaubsvideo).
2. Der „Hilfe, ich hab gestern Nacht zu viel gesoffen“-Entwickler, aka Caffenol
Was macht man mit Instant-Kaffee, Vitamin C und Bullrich-Salz Waschsoda (ups, Anfängerfehler: habe Natriumcarbonat mit Natriumhydrogencarbonat verwechselt)? Den Kater bekämpfen (naja)? Vielleicht. Man kann damit aber auch seine Filme entwickeln, wenn vom Veranstalter der Farb-Entwickler vergessen wurde. Es kommt dabei allerdings immer eine Variante von schwarz-weiss heraus (auch wenn man Farbfilm da durchjagt), doch selten schwarz und weiss, meist eher Rot-, Braun-, Gelb- und Grün-Töne unterschiedlicher Helligkeitsgrade.
Und so sieht das „Labor“ aus, dass man dafür braucht, inklusive kompetenter Anleitung:
Es passiert alles bei Tageslicht, bis auf den ersten, wichtigsten Schritt. Man rupft den belichteten Film bei völliger Dunkelheit (auch kein Rotlicht) aus der Kassette und stopft ihn in einen dieser Tanks. Die kann man dann für den ganzen restlichen Prozess verwenden, und so auch draussen, bei strahlendem Sonnenschein entwickeln:
Je nach Film, Entwickler, Stimmung und Temperatur muss man das Ganze unterschiedlich oft und lange schütteln, dann wird ein Film draus. Das hat sehr viel von „und jetzt noch drei Mal pusten und dann zieh ich einen Papier-Blumenstrauss aus meinem Ärmel“. Ein bisschen Hexerei, viel Brimborium, aber es ist wohl notwendig – und ein Chemiker könnte einem sicher auch die Details erklären. Wichtig ist dabei, nicht aus dem Rhythmus zu kommen, und dazu empfiehlt Martha Afro-Beat, ich finde aber auch diesen Song ganz passend.
Nachdem man das also sorgfältig mit Kaffeelösung entwickelte, mit viel Wasser gespülte, mit Fixierer fixierte und wieder gespülte Filmmaterial der Dose entrissen hat (dann weiss man, obs geklappt hat), muss man es trocknen. Die Experten machen das ganz kompliziert, wir sind ja mehr so experimentell unterwegs:
Das Material ist gar nicht so empfindlich. Man kann zwar viel falsch machen, aber irgendwas kommt immer bei raus, und so lange man nicht den Anspruch hat, die Wirklichkeit abzubilden (und überhaupt, welche Wirklichkeit), oder ganz konkrete Vorstellungen von bestimmten Effekten hat, kann man kurzweilige bewegte Bilder entstehen lassen. Die muss man dann noch digitalisieren, wenn man sie im Netz verbreiten und der Oma aufs iPad schicken will, das haben wir so gemacht:
Genau. Wir haben den Film auf die Wand projiziert und mit einer Digitalkamera abgefilmt, das wars.
The End.
verrückt das, wirklich verrückt. klingt aber nach ’ner riesen Menge Spaß 🙂
„… und der Oma aufs iPad schicken will“ – das finde ich witzig!