Gestern haben wir die Geschichte des Films und vor allem des Super8 von einer gutgelaunten Cherry Kino (aka Martha) erzählt bekommen. Martha lebt in Leeds, UK, und offensichtlich kennt man dort ein Stück „parallel history“, wie sie das nannte. Wenn man spontan gefragt wird: „Erster Videofilm? Na, wer wars?“ fallen dem mittelgebildeten Cineasten wahrscheinlich die „Gebrüder Lumière!“ ein. Doch mitnichten. Wie auch wikipedia erwähnt, hatten sie zahlreiche Vorgänger, Mitbewerber, Konkurrenten, doch unbestritten waren sie diejenigen, die sich am besten vermarkten konnten.
Was aber nur Leedsern und Extrem-Cineasten einfallen wird, ist der Name Louis Le Prince. Auf Grund seines mysteriösen Verschwindens konnte er seine Erfindung einer Bewegtbild-Kamera nicht „bis zur Marktreife“ entwickeln, hat aber definitiv bereits 7 Jahre vor den Lumières bewegte Bilder aufgenommen, von denen man wenige Frames auch noch ansehen kann. Dazu empfehle ich übrigens auch diese Verhohnepiepelung des ältesten Films der Welt.
Doch von dort bis zum Super8 war es noch ein langer Weg, der unter anderem über Normal8 und Doppel8 und viele weitere Formate führte, wie das immer so ist. Das Format selbst war nicht besonders revolutionär, neu war vor allem, dass dazu „idiot proof“ (sagt Martha) Kameras auf den Markt kamen und das Filmmaterial selbst in äh… Kartuschen? Kartätschen? Kassetten! ausgeliefert wurde und man damals die Filme noch einfach ins nächste Fotolabor zum Entwickeln schicken konnte. Damit war der Grundstein für eine enorme Amateurzielgruppe gelegt.
Diese Zeiten sind jetzt vorbei, doch nicht ganz so vorbei, wie man vielleicht glauben möchte. So kann man zwar keine neuen Super8-Kameras mehr kaufen, aber der Gebrauchtmarkt floriert. Gleiches gilt für Projektoren und weiteres Zubehör (und damit meine ich jetzt NICHT die Super8-Ab18-Filme; im wahrsten Sinne des Wortes „special interest“), Dachböden und Eltern bzw. Schwiegereltern sind auch beliebte Fundorte und eh man sichs versieht, hat man alle „Hardware“ beisammen. Dann hat man ein gutes Stück geschafft. Denn, so erstaunlich es sein mag, man kann immer noch neue Super8-Filme kaufen! Es gibt in paar große namhafte Firmen, die solche Filme noch vertreiben und es gibt kleine Firmen, die aus 16mm-Film Super8 schnippseln und in die Kassetten packen. Das Entwickeln ist eigentlich weniger heikel, da hierfür die gleichen Chemikalien benötigt werden wie für die analoge Fotografie und man es auch selbst machen kann.
Wenn man es kann.
Vieles funktioniert also noch genau so wie früher, nur da man, technisch gesehen, quasi eine Zeitreise unternimmt und unterwegs alles auf dem Weg liegende mit einsammelt, muss man mehr als früher auf Kompatibilitäten achten. Es gibt unglaublich viele verschiedene Kameramodelle, Filmsorten, Entwicklungsverfahren und man sollte diese Sachen tunlichst aufeinander abstimmen, denn sonst bleibt das Wohnzimmer-Kino schwarz.
Auch an mir geht also eine gewisse Sehnsucht nach dem „alten“, nach „Handarbeit“ und „Wert“ (belichteter Film ist belichteter Film, eine Rolle hat 3:20 Minuten, wenn alle, ist alle) nicht vorbei, und sie ergänzt sich ganz wunderbar mit dem ben_ seiner.