Ja, das ist nicht grad Harry Potter. Ein bisschen Mühe gehört schon auch dazu, will man sich durch „Alle Tage“ durcharbeiten und zwischendurch war ich mir auch nicht sicher, ob es sich lohnt. Am Ende hatte ich aber doch das Gefühl, mal wieder ein „ziemlich gutes Buch“ gelesen zu haben.
Die Hauptfigur: Abel Nema ist ein Mann aus einem nicht näher bestimmten osteuropäischen Land. Man erfährt nur ein paar Hinweise auf „Bruderkrieg“. Historisch gebildetere Menschen als ich können sich den genauen Ort vielleicht erschließen, für mich spielte die Geschichte irgendwo im ehemaligen Jugoslawien. Abel Nema also lernen wir bei seiner Scheidung kennen und im Verlauf des Buches wird immer klarer, dass wir es hier mit einem ziemlich kaputten Typen zu tun haben. Die Kaputtheit umfasst sowohl seinen Körper (er wird ziemlich oft verprügelt) als auch seine diversen Geisteszustände (es gibt ein langes Drogenrauschkapitel), und vielleicht soll das die Kaputtheit der Gesellschaft spiegeln, aus der er kommt, vielleicht ist das aber auch Quatsch.
Zum Stil: für die, die reingelesen haben, sei erwähnt, es geht so weiter. Ich hab erst versucht, immer die Frage „Wer spricht da grad?“ möglichst korrekt zu beantworten. So wird es aber ziemlich anstrengend. Dann kam ich „in den Flow“ und alle Stimmen haben irgendwann eine sinnvolle Einheit ergeben. Das war schön. Es gab einige anstreichenswerte Sätze und Formulierungen, für mich DAS Kriterium für ein gutes Buch. Und schließlich wollte ich schon sehr gerne wissen, wie es ausgeht, bzw. wie das alles zusammenhängt.
Das Doofe: Abel Nema ist mir hier und da zu krass. Klar geht es nicht um möglichst authentische Biographien, aber bei manchen Wendungen hab ich mich schon gefragt, ob das jetzt wirklich sein muss. Ein kleines bisschen weniger künstlich und dafür leserfreundlicher hätt’s auch sein dürfen.
Wenn man mal Lust auf ein etwas schwierigeres Buch hat, kann ich es sehr empfehlen!
Die Mitleser: fzerozero und der Unvermeidliche