Olive Kitteridge

Olive Kitteridge ist keine besonders nette Frau. Sie ist Mathelehrerin, streng und direkt, keine Freundin höflicher Floskeln. Und sie ist die Hauptfigur in Elizabeth Strouts gleichnamigem Roman (dt. „Mit Blick aufs Meer“). Das Buch habe ich vor vier oder fünf Jahren gelesen, selten verborgt, und immer wieder die eine oder andere Szene vor Augen gehabt, wenn mir der recht auffällige Buchumschlag im Regal in den Blick kam. Was ich bis vor kurzem nicht wusste: der Roman wurde 2014 verfilmt, mit keiner geringeren als Frances McDormand in der Hauptrolle, und diese 4-teilige Miniserie (4 Stunden Gesamtdauer) habe ich mir jetzt angeschaut. Ich kann sie vollen Herzens empfehlen, aber muss auch warnen. Man sollte nichts „Schönes“ erwarten. Olives Gemüt durchtränkt alle vier Teile mit einer Bitternis, die stellenweise kaum zu ertragen ist. Wir begleiten ihr Leben von, ich würde schätzen, so ca. Mitte 30 bis in ihre 60er Jahre. Ihre Ehe, ihr Sohn, ihre Freunde, ihre Herkunft: nichts davon ist leicht, fröhlich oder unbeschwert. Die Kinder sind meist Bratzen, die Männer untreu, die Freunde egoistisch. Es wird viel gestorben in den vier Stunden, und auch oft das Sterben versucht.

Warum soll man sich das antun? Weil es voller fantastischer Szenen ist, die einem vielleicht aus dem eigenen Leben bekannt vorkommen, oder auch nicht. Die großen Themen wie „glücklich leben“ und Eltern-Kind-Beziehungen, Generationswechsel, „warum rufst du deine Mutter nie an?“ werden – so schwierig sie meist sind – immer liebevoll erzählt. Es gibt nur wenige flache Figuren, die meisten tauchen mehrfach auf und jedes Mal haben sie sich wieder weiterentwickelt. Das ist total spannend zu sehen. Und außerdem: Frances McDormand!

Buch im Vergleich zum Film: die Erzählreihenfolge ist eine völlig andere, was mich meist nervt. Es wird schon einen Grund geben, warum Frau Strout das so rum erzählt hat! Aber gut. Viele Szenen, die mir als „Schlüsselszenen“ im Gedächtnis geblieben sind, werden im Film nur minimal angedeutet, ebenso manche Handlungsstränge. Aber gut, da wird vermutlich jede Leserin und jeder Leser andere Schwerpunkte setzen wollen. Die Stimmung kommt auf jeden Fall an, auch wenn ich das Buch als nicht ganz so schwermütig in Erinnerung habe.

Schöner als im Buch: im Film gibt es ab Teil 2 wunderbare Musik von Martha Wainwright.

Titelbild von Katie Wheeler.

2 Gedanken zu „Olive Kitteridge“

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